Dieser Text wurde 2012 für eine Publikation über Konzeptionelle Illustration an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig geschrieben und im September 2015 überarbeitet. Ich bedanke mich herzlich bei den Urhebern der Abbildungen für die Einräumung der erforderlichen Nutzungsrechte.
Geschichten begleiten uns durch unser Leben. In ihnen geben wir Sachverhalte wieder, Erfahrungen weiter und unterhalten uns gegenseitig, indem wir den informativen Gehalt einer Sache anschaulich darstellen, kurz: Wir erzählen. Wir erzählen aber nicht nur mit Worten, sondern auch in und mit Bildern, wenn wir in ihnen Handlungen und zeitliche Abläufe wiedergeben und auf bekannte Narrationen verweisen, auf Mythen und konventionelle Sinnbilder.
Während in der sprachlichen Äußerung die Beschreibung von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft durch Zeitwörter und grammatikalische Zeitformen geschieht, repräsentiert das Bild als Flächenphänomen vordergründig einen andauernden Zustand. Seine Mittel scheinen die Bilderzählung auf den ersten Blick auf die Gegenwart beziehungsweise eine immerwährende Dauer zu beschränken. Erzählung entsteht in ihm, wenn Vorangegangenes und Zukünftiges imaginierbar werden. Der Inhalt der Darstellung sowie die dargestellten Relationen beeinflussen, wie im Bild Handlung zum Ausdruck gebracht wird. Dies kann geschehen, wenn beispielsweise verschiedene Instanzen eines Handlungsträgers nebeneinander dargestellt werden, durch extrabildliche Referenzen und durch in der Gestaltung angelegte Verweise.
Inwiefern Darstellungen von Bildraum, Raum im Bild und Handlungsträgern Erzählung und dargestellte Zeitlichkeit(en) beeinflussen können, soll anhand einiger Beispiele aufgezeigt werden. Für die einzelnen untersuchten Bilder, die stellvertretend für bestimmte Bildtypen stehen können, ergeben sich Spezifika, die durch die jeweiligen Relationen vom Bildraum und figuralen Kompositionen maßgeblich bestimmt werden können.
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