Zum Inhalt springen

Schlagwort: Urheberrecht

Buchrezension – Kunst, Markt und Recht Einführung in das Recht des Kunstschaffens und der Nutzung von Kunstwerken

Mit diesem Buch, das 2019 in 4. überarbeiteter Auflage erschienen ist, ist Gerhard Pfennig ein kompaktes und verständliches Kompendium zum Urheberrecht gelungen. Auf gut 200 Seiten gibt er einen umfassenden Überblick darüber, was bei Herstellung, Verkauf und Verwertung von Kunstwerken zu beachten ist.

Der Klappentext verspricht einen »Leitfaden für den rechtssicheren Umgang mit Kunstwerken. Behandelt werden die urheberrechtlichen, steuerrechtlichen und zivilrechtlichen Fragen des Kunstschaffens, des Kunsthandels, der privaten und öffentlichen Kunstausstellungen und des Kunstsammelns […]« Und das Buch hält, was hier versprochen wird. Gerhard Pfennig, ehemaliger Geschäftsführer des BBK, der Stiftung Kunstfonds, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der VG Bild-Kunst und aktuell Sprecher der Initiative Urheberrecht, hat sein Wissen aus langen Jahren des Umgangs mit Kunst, Künstlern, Verwertern und dem Kunstmarkt zusammengetragen. Entstanden ist ein Buch in handlichem Format, dessen Softcover-Einband in einem freundlichen Orange erstrahlt. Ja, auch der Farbton ist wichtig: So findet es sich auf dem vollen Schreibtisch besser wieder – denn dort sollte es liegen. Von Zeit zu Zeit lohnt sich ein Griff zu dem wohlgeordneten, mit Informationen übervollen Band; und sei es nur, um durch seine Seiten zu flanieren.

Obwohl Pfennig eine Unmenge rechtlicher Themen abhandelt, liest sich das Buch angenehm leicht und anschaulich. Es trägt seinen Untertitel »Einführung in das Recht des Kunstschaffens und der Nutzung von Kunstwerken« zu Recht, denn es bietet einen auch für Laien verständlichen Zugang zu rechtlichen Themen. Die detaillierte Struktur, ein umfassendes Inhaltsverzeichnis sowie ein Stichwortverzeichnis erlauben, schnell und einfach zu finden, wonach man sucht.

Thematisch schlägt Pfennig den ganz großen Bogen, von »Jeder Mensch ein Künstler« (Einleitung) bis zu »Tod und Leben« (Erben) – mit allem dazwischen, was einem Kunstwerk und seinem Urheber, seiner Urheberin, widerfahren kann. Wenn Pfennig einleitend formuliert: »Die Rechtsstellung der Künstler bzw. der von ihnen geschaffenen Kunstwerke ergibt sich aus einem Puzzle verschiedener Gesetze, in denen jeweils Einzelaspekte geregelt werden«, so spiegelt sich dies in der Aufbereitung der Themen im Buch. Er beginnt mit Rahmenbedingungen für die Produktion von Kunst und unterschiedlichen Kunstformen, leitet über zu den Rechten, die entstehen, wenn wir ein Werk schaffen, und endet bei dessen Verwertung, auch im Internet. Der Verkauf von Werken wird ebenso angesprochen wie das Ausstellen, Vervielfältigungen und Fälschungen. Schrankenregelungen werden gleichermaßen erläutert wie die Rollen von Verwertungsgesellschaften und Künstlersozialkasse. Sogar zu Förderungen und Steuern gibt es je ein Kapitel. Zum Schluss des Buches geht es um rechtliche Belange; darum, wie man vor welchem Gericht seine Interessen durchsetzten kann, welche Ansprüche sich daraus ergeben sowie um Verjährungsfristen.

Pfennig gelingt es, den manchmal doch recht abstrakten Stoff anhand vieler alltagsnaher Beschreibungen greifbar und vorstellbar zu machen.

Da im Titel des Buches dreimal das Wort »Kunst« auftaucht und im Laufe der Lektüre deutlich wird, dass Pfennig genau diese im Fokus hat, mag sich die Frage stellen: Was hat das mit Illustration zu tun? Sehr viel, auch wenn es manchmal nicht gleich offensichtlich ist. Illustrationen sind, wie Kunstwerke, urheberrechtlich geschützte Werke. Sie können sowohl als bildende als auch als angewandte Kunst begriffen werden, je nachdem, wofür und wie sie produziert werden. So ist allerdings auch nicht immer eindeutig oder problemlos nachvollziehbar, wie sich die erwähnten Abgrenzungen und Beispiele auf Situationen von Illustrator*innen beziehen lassen. Auch die im Buch aufgemachten Differenzierungen und Beispiele verweisen immer wieder auf diese Problematik. So unterscheidet Pfennig gleich zu Anfang entlang des Urheberrechtsgesetzes zwischen bildender Kunst, Fotografie, Grafik-Design und angewandter Kunst. Dieser Abgrenzung liegen keine inhaltlichen Kriterien zugrunde sondern juristische; angewandte Kunst wird beispielsweise im Sinn von »Produktdesign« aufgefasst. Hinsichtlich der Beurteilung von Grafik-Design bleibt die Situation in der Praxis teilweise unbefriedigend: »Hier zeigt sich erneut die Vielschichtigkeit der Bewertung verschiedener künstlerischer Berufe in unterschiedlichen Rechtsgebieten.«

Derartige Abschnitte zeigen – wie auch Pfennigs Argumentation an einigen anderen Stellen – die Lücken, die zwischen alltäglichen (»gesunder Menschenverstand« und praktische Erfahrung) und rechtlichen Auffassungen klaffen. Eine Stärke des Bandes ist aber, dass die verwendeten Begrifflichkeiten erläutert werden, oft auch in Differenzierung zueinander. Dadurch nimmt Pfennig seine Leser an die Hand und erlaubt einen Einblick, wie Juristen denken und argumentieren. Das ist für Illustrator*innen durchaus wissenswert und bietet eine Chance, die unterschiedlichen Blickwinkel auf die Materie nachzuvollziehen.

Illustrator*innen müssen sicher etwas in dem Werk »navigieren«, um die passenden Aussagen und Stichworte zu finden. Wer etwa auf Einzelheiten zu Verlagsverträgen und -verwertungen hofft, hofft vergebens. Wer allerdings in der Lage ist, seine Arbeiten im Rahmen der Kunst zu verorten und Analogien auszumachen, für den oder die ist dieses Buch eine Bereicherung. Ebenso für diejenigen, die sich einen umfassenden Überblick über die Produktion und Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke und aller damit zusammenhängenden Aspekte verschaffen wollen.

Wer sich vor dem Kauf einen genauen Einblick in das Buch verschaffen will, dem oder der empfehle ich das umfassende und aufschlussreiche Inhaltsverzeichnis: https://d-nb.info/1200824326/04.

Ich lege »Kunst, Markt und Recht« allen ans Herz, die eine verständliche und zugängliche Handreichung suchen, um sich einen grundlegenden Überblick über den rechtlichen Rahmen ihres künstlerischen Schaffens anzueignen.

Gerhard Pfennig
Kunst, Markt und Recht
Einführung in das Recht des Kunstschaffens und der Nutzung von Kunstwerken
Passau : MUR Verlag
Berliner Bibliothek zur Urheberrecht, Bd. 7
28,- Euro

Dieser Text ist erstenmals am 18.06.2020 veröffentlicht worden in den News der Illustraotren Organisation.

Kommentare geschlossen

#yes2copyright

Es gibt mehr als Artikel 13! Wir brauchen ein europaweites Urhebervertragsrecht.

#yes2copyright #CopyrightDirective #vote4culture#SaveYourInternet

@Europarl_DE @EPPGroup @TheProgressives @ALDEgroup @GUENGL @GreensEP @ecrgroup @DDesigntag

Eine knappe, verständliche Erläuterung findet sich im Newsletter der VG Bild-Kunst:

Es geht um Plattformen wie YouTube, Tumblr oder Pinterest, die jedermann die Möglichkeit verschaffen, eigene und fremde Inhalte hochzuladen und einem weltweiten Publikum zur Verfügung zu stellen. Nach bisheriger Rechtslage haften für Urheberrechtsverletzungen nicht die Plattformbetreiber, sondern die Personen, die die Inhalte hochladen. Das führt dazu, dass das Urheberrecht in der Praxis nicht durchgesetzt werden kann und ein quasi rechtsfreier Raum entstanden ist.

Niemand wird bestreiten, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, rechtsfreie Räume zu schließen.


Der Streit zwischen Befürwortern und Gegner der neuen EU-Urheberrechtslinie entzündet sich an der konkreten Lösung, die der europäische Gesetzgeber in einem zweieinhalbjährigen Gesetzgebungsprozess erarbeitet hat. Die Gegner des Artikels 13 befürchten, dass die Plattformen in der Zukunft massiv Uploadfilter einsetzen, um das Hochladen urheberrechtlich geschützten Materials von vornherein zu verhindern. Die Meinungsfreiheit soll nicht als Kollateralschaden eines besser durchsetzbaren Urheberrechts auf der Strecke bleiben.

Das wollen die von der Bild-Kunst vertretenen Urheberinnen und Urheber auch nicht. Gottseidank wird es nicht zu einer massiven Ausweitung der Filterungen kommen. Warum nicht? Weil Upload-Filter weder im Gesetz vorgesehen sind, noch notwendig sein werden.

Die Gegner des Artikels 13 argumentieren wie folgt:
+ In der Zukunft haften Plattformbetreiber für die hochgeladenen Inhalte.
+ Es ist unmöglich, für alles hochgeladene, geschützte Material Lizenzen zu erwerben.
+ Deshalb bleibt den Plattformbetreibern nur die Filterung von Inhalten, um keine Rechtsverletzung zu begehen.

In Wirklichkeit ist der Regelungsgehalt des Artikels 13 aber sehr viel besser durchdacht:
+ In der Zukunft sollen Plattformbetreiber für die hochgeladenen Inhalte Lizenzen erwerben. (Absatz 1)
+ Eine Haftung tritt aber nur für die hochgeladenen Inhalte ein, für die eine Plattform keine Lizenzen erwirbt, obwohl es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre. (Absatz 4 und 4a)
+ Ist es einer Plattform nicht zumutbar, eine Lizenz zu erwerben, haftet sie nur wie bisher, d.h. sie muss Inhalte löschen, wenn ein Rechteinhaber dies ausdrücklich und im Einzelfall verlangt. (Absatz 4)
+ Von der neuen Regelung ganz ausgenommen sind nicht-kommerzielle Plattformen wie Wikipedia und neue Start-Up Plattformen.

Im Ergebnis wird Artikel 13 deshalb nur positive Auswirkungen haben:
+ Privatnutzer, die geschützte Inhalte hochladen, werden aus ihrer Haftung entlassen. (Absatz 2)
+ Betreiber von UUC-Plattformen („User-uploaded-content“) müssen in Zukunft einen angemessenen Teil ihres Umsatzes für den Lizenzerwerb ausgeben, so wie Netflix und Spotify auch.
+ Rechteinhaber erhalten eine Vergütung.

Schlussbemerkung:

Natürlich liegt es nicht im Interesse der Plattformen, für Inhalte Geld zu bezahlen, die bisher praktisch umsonst waren. Sie sind ihren Aktionären schuldig, sich gegen Artikel 13 einzusetzen. Problematisch wäre es dagegen, wenn sie ihre Meinungsmacht missbrauchen, indem sie ihren Nutzern einseitig und in eigener Sache nur Argumente gegen Artikel 13 zukommen lassen.

(Quelle: VG Bild-Kunst; Newsletter vom 13.03.2019)
Kommentare geschlossen